Löwenzahn (Taraxacum officinalis) heißt in unserer Gegend „Bettseicha“, ein paar Kilometer weiter jenseits der Grenze „Pis-en-lit“ – das meint aber genau das Gleiche – er ist entwässernd (wie auch immer!), also harntreibend.
Als ich vor etlichen Jahren einem befreundeten Biobauern auf dem Wochenmarkt ausgeholfen hatte, fragte eine andere Marktfrau (die keine Saarländerin ist) völlig entgeistert: „Wieso verkauft der jetzt Hasenfutter?“ Scheinbar isst man ihn nicht überall in Deutschland mit der gleichen Selbstverständlichkeit und Leidenschaft. Hier im Dorf gab es doch tatsächlich Streit, weil ein älterer Herr einen anderen älteren Herrn erwischt hat, wie dieser über seinen Zaun geklettert ist, um in dessen Weide den „Bettseicha“ zu plündern.
Wir können es im Frühjahr alle kaum erwarten, mit unseren alten Messerchen loszuziehen. Dabei gibt es inzwischen doch genug für alle!! Ich brauche ihn derzeit jeden Abend, mit etwas Speck, körnigem Moutarde de Maille, Vinaigre d’Eschalotte und wachsweich gekochten Eiern.., ein Traum, ausnahmsweise mal ein gesunder!
Komm mir jetzt nur niemand mit dem blassen getriebenen Zeug aus Plastiktüten, das ist weniger bitter, klar, aber die Bitterstoffe machen doch gerade den Reiz dieses Salates aus. Hier im Saarland ist der echte selbstgestochene Bettseicha Mythos, etliche Restaurants (gerade auch die noblen) haben zur Saison eine eigene Karte für den Bettseicha!
Also möchte ich auch ein Liebeslied singen auf den Bettseicha, das grüne Glück meiner Heimat!! 😉
In Form eines Brotes aber, Salat mit Brotkrompern (Bratkartoffeln) gibt es sicher schon im www…
Ich verwendete mehrere Rezepte für Karottenbrote, die ich schon gebacken hatte von Dodo im Sauerteigforum und von Lenta im Brotbackforum. Den Löwenzahn habe ich dabei erst einmal dezent dosiert, weil ich Angst hatte, das Brot würde vielleicht zu bitter. Aber – weit gefehlt – es schmeckt eher süßlich, gemüsig. Beim nächsten Mal werde ich den Löwenzahnanteil löwenartiger gestalten… 😉
Rezept:
Vorteig:
100 g Weizen 1050
100 g Wasser
1 g Hefe
Alles zusammen glatt rühren, 1-2 h bei Raumtemperatur anspringen lassen, dann etwa für 12 h in den Kühlschrank stellen.
Quellstück:
100 g geröstete Saaten
30 g Haferflocken
20 g Salz
50 g Roggenvollkornschrot
200 ml Wasser
Die Saaten in der fettfreien Pfanne sanft anrösten und dann alles miteinander verrühren und ebenfalls etwa 14 h stehen lassen. Das Salz ist notwendig, um ungewollte Enzyme in Schach zu halten.
Sauerteig:
150 g Roggenvollkorn
150 g Wasser
10 g Roggenanstellgut
miteinander verrühren und ebenfalls 14 h bei Raumtemperatur stehen lassen.
Zusätzlich habe ich noch 100 g Aromastück aufgetaut (eine lohnende Sache es en gros herzustellen), das Brot lässt sich allerdings auch ohne Aromastück backen..
Hauptteig:
50 g Roggenvollkornmehl
100 g Dinkelvollkornmehl
100 g Emmervollkornmehl (oder Weizen..)
330 g Weizenmehl T 80 (ersatzweise T 1050)
200 g geraffelte Möhren
40 g gehackter Löwenzahn (beim nächsten Mal nehme ich mehr..)
100 g Naturjoghurt oder Buttermilch
5 g Hefe
50 g kühlschrankkalter LM (falls vorhanden)
Diese Zutaten werden zusammen mit Vorteig, Quellstück, Sauerteig und (falls vorhanden) Aromastück 15 min langsam verknetet. Am Ende kann man 2 min schneller kneten. Diesen Teig etwa 45 min gehen lassen, dann rundwirken und mit dem Schluss nach unten in ein bemehltes Gärkörbchen setzen. Die Endgare sollte noch einmal 60 – 70 min betragen, je nach Temperatur der Küche.
Den Teigling auf einen Brotschieber stürzen, auf den gut vorgeheizten Backstein einschießen (250°C), gut schwaden und 15 min anbacken. Dann den Dampf ablassen und fallend auf 210°C noch etwa 45 min ausbacken, am Ende gerne ein paar Minuten mit leicht geöffneter Ofentür. Auf einem Gitterrost auskühlen lassen.
Dieses Brot ist sehr saftig und hält durch den Möhrenanteil länger frisch, lässt sich aber nicht ganz so gut schneiden am ersten Tag. Was ihm aber nichts nutzte…
Hach, jetzt weiss ich endlich, warum du mir auf Anhieb so sympathisch bist!!! Du bist Saarländerin (ich auch! – Exil-Saarländerin 😉 ) und ich LIEBE LÖWENZAHN-SALAT ÜBER ALLES!!!
Schau mal u.a hier in meinem Elsass-Blog, da habe ich pro Saison mindestens ein Löwenzahn-Rezept verbloggt:
http://bonjouralsace.blogspot.fr/search/label/L%C3%B6wenzahn
Herzliche Grüsse – derzeit aus dem Tessin
Sabine
Ei dat es jo en Deng!
Nimmt man den Bettseicha auch noch, wenn bereits eine kleine Knospe drin ist? Wir nehmen ihn dann nicht mehr, offiziell, aber ich nahm auch noch welche mit Knospe, allerdings nicht zu grosse, denn die waren auch mir zu bitter. Hier in Thailand hat es leider keine.
Ich habe sogar eine Schwäche für die Knospen. Das „Dressing“ (aber so würde hier niemand sagen) darf nicht zaghaft sein!
Immer schon wollte ich ausprobieren, die Knospen einzulegen, so wie Kapern. Ich sollte das in diesem Jahr mal ausprobieren…
Liebe Grüße
Cheriechen
Ja, eingelegte Knospen könnten was sein, bitte berichte nachher.
… und in der Ostschweiz nannten wir andere Blumen Bettseicherli, auch in dieser Zeit wachsend, mit weissen Blüten, aber nicht die kleinen Gänseblümchen. Okay, nachgeschaut, unsere Bettseicherli heissen Buschwindröschen.
Erich! Buschwindröschen (Anemone nemorosa), wunderschön blüht sie jetzt, auch in meinem Garten – ist aber in allen Teilen GIFTIG!
http://de.wikipedia.org/wiki/Buschwindr%C3%B6schen
Das habt ihr hoffentlich nicht gegessen?
Genau, Anemone nemerosa, die assen wir nie. Wir sprachen auch von giftigen zu dieser Jahreszeit, von den Maieriesli, Maiglöckchen (Convallaria majalis), deren Blätter dem Bärlauch ähneln. Ha, jetzt sah ich im Wikipedia gerade, dass das Maieriesli zur Giftpflanze des Jahres 2014 gewählt worden war.
Also, der Tipp, dass man Maiglöckchen und Bärlauch am Geruch unterscheiden kann, den halte ich für fragwürdig. Die Maiglöckchen stehen manchmal mittendrin, und dort riecht einfach alles nach Knoblauch!! Die Textur der Blätter, die finde ich eher signifikant…
Hm….ich komme ja aus der Löwnzahn-Diaspora, aber wenn Du so schwärmst, dann muß ich doch mal losziehen….
Probier doch mal! Man muss ihn nur sehr oft waschen, öfter als anderen Salat und das Dressing etwas saurer, schärfer, salziger … anmachen und Speck auslassen. Wer „bitter“ z.B. bei Artischocken mag, müsste auch Löwenzahn lieben..
Schönen Sonntag!
Cheriechen
Wunderschöner Beitrag. Das habe ich nicht gewusst, dass der Löwenzahn harntreibend ist. Dann ist ja die Version, die ich vor einem Tag verbloggte doppelt gemoppelt, weil dem Kürbiskernöl ähnlich Wirkung zugeschrieben wird.
Der Löwenzahn, den mein Sohn gepflückt hatte, hatte kleine Knospen. Ich habe nur die Blätter aussortiert, bei denen sich die Hauptader im Blatt schon dunkel gefärbt hatte, die Blüte kam nicht in den Salat. Ob man sie einlegen kann, würde mich auch interessieren. Wenn Du es machst, berichte doch bitte darüber.
Toettchen
Dann bist du völlig entschlackt! Schönes Gefühl, oder? Probier mal mit Knospen, die sind knackig!
Natürlich werde ich berichten..
Schönen Sonntag
Ob der Osterhase tatsächlich noch ein Stück davon bekommen wird? 😉
Schönen Sonntag + Liebe Grüße,
Eva
Dem lieben Osterhasen backe ich bestimmt wieder etwas Neues, es ist ja (fast) eine Sucht…
😉
Liebe Grüße
Cheriechen
Ganz Toll geschrieben, Cheriechen! Ich bewundere dich, wie du deinen Blog gestaltest! Da gibt immer wieder Neues zu bewundern! Ich muss mich auch mal auf die Suche machen, nach dem „Hasenfutter“. Ich mag nämlich bittere Salate. Einen schönen verschneiten Sonntag wünscht dir, Calimera
Danke, liebe Calimera! Habe ich „verschneit“ gelesen? Dann wünsche ich dir, dass du bald ans „Hasenfutter“ ran kommst, ich habe bei der gestrigen Radtour wohl auch mal gefroren, dennoch ist hier eindeutig Frühling..
Herzliche Grüße in die Schweiz
Cheriechen
Klasse Brot 🙂 Muss ich unbedingt testen, ich liebe Löwenzahn, aber ich werde den lieber nicht selbst pflücke, da hier nirgends ne hundefreie Zone, aber in meinem Lieblingsgartencenter gibst denn zu kaufen 😉 also steht diesem Brot mal nix im Weg *freu* Und ich kann Calimera nur beipflichten – soooo ein schöner Blog 🙂 Schönen Sonntag noch *kusshandzuwerf* Herzlichst Nadja
Liebe Naddi, probier es mal aus mit hundefreiem Löwenzahn ;), ich bin gespannt auf dein Urteil!
Und herzlichen Dank für dein Lob, du pushst mich vielleicht in die neue Woche rein…
Herzliche Grüße
Cheriechen
Wow, das ist ja mal wieder ein originelles Brot – und wunderschön noch dazu! Liebe Grüße Melanie
Danke sehr, ich werde rot…
Ich pflücke mir auch gern ein paar junge Blätter aus dem Garten. Ich mag den bitteren Geschmack auch irrsinnng gerne. Für Salate, Suppen, Bratlinge, egal. Brot habe ich noch nie probiert. Liegt aber wohl hauptsächlich daran, dass mein Herd nicht gerade backfreudig ist. Er ist schon sehr alt und es gibt nur zwei Stufen: An oder aus. Für Aufläufe oder mal ein Blech Pizza langt das. Muffins gehen meist auch noch irgendwie – wenn ich die Aufheizphase mit nutze. Aber Brot ist darin noch nie gelungen….. Doch eines schönen Tages: Da werde ich die ganzen abgespeicherten Brotrezepte nachholen. 😉
Oh, dann drücke ich dir die Daumen, dass es bald so weit ist!
Liebe Grüße
Cheriechen
Löwenzahn im Brot, das ist ja spannend! Ich esse den auch sehr gern, vorzugsweise selbst gepflückt beim Radfahren durch’s Brandenburgische, aber ich bin noch nie auf die Idee gekommen, den zu verbacken. Toll!
Probier es mal aus, uns hat es geschmeckt…
Liebe Grüsse
Cheriechen
Wie schon auf FB geschrieben hab ich dein Rezept leicht abgewandelt, statt Roggensauer und Hefevorteig hab ich Fermentteig mit Emmerschrot genommen. Das Brot schmeckt echt lecker.
Eine wirklich schöne Rezeptidee, vielen Dank 🙂
Danke, liebe Marla! Ein Lob aus deinem Munde ist mir eine Ehre! Ich bewundere oft deine Rezepte….
Liebe Grüße
Cheriechen
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