Das Aromastück – alle redeten davon, backten damit, und ich hinkte hinterher. Mal fehlte mir das enzymaktive Backmalz, das musste ich zuerst im Internet bestellen, dann fehlten mir die „mindestens 2 Stunden“, die es bei niedriger Temperatur vor sich hin mälzen sollte. Aber gestern an diesem grauen, nasskalten Sonntag, da war es endlich so weit: Nun hatte ich die Muße und mein Aromastück wurde zubereitet. Als ich dran war, habe ich gleich eine Riesenportion zubereitet, die lässt sich portioniert gut einfrieren und bei Bedarf auftauen.
Was ist das überhaupt, ein Aromastück? Es wird auch die „Maggiflasche“ für Brotteige genannt, das fand ich schon mal lustig! Getreideschrot wird mit Wasser und aktivem Backmalz über mehrere Stunden erwärmt, nicht über 60°C, damit die Enzyme nicht zerstört werden. Im aktiven Backmalz sind Amylase-Enzyme enthalten. Diese spalten die Mehlstärke in Maltose. Die Masse quillt auf, dickt ein, wird etwas bräunlich und – Zweck der Übung – es schmeckt süßlich-malzig. Diese aromatische Zugabe gibt also dem Brot das gewisse Etwas!
Björn Hollensteiner schreibt, dass man dem Aromastück auch schon die Saaten zum Quellen zugeben kann. Das habe ich hier nicht getan, da ich mein Riesen-Aromastück ja für verschiedene Brote verwenden will. Es sind doch immer jeweils verschiedene Saaten, die den einzelnen Broten zugefügt werden.
Nach seiner Anleitung habe ich mein Aromastück auch zubereitet.
600 g frisch gemahlenes Roggenvollkornmehl mit 1200 g Wasser und 22 g enzymaktiven Backmalz langsam im Wasserbad erhitzen, nicht über 60°C mit Deckel, öfter mal umrühren. Am Ende der Quellzeit habe ich das Aromastück einmal kurz aufgekocht, damit der Vorgang gestoppt wird. Zu viel Enzymaktivität kann ja auch schaden. Bei mir passte es genau in den Thermomix und ich musste gar nichts mehr tun. Wie viel Aromastück kommt an einen Brotteig? Nicht mehr als 15 % der verwendeten Mehlmenge!
Meister Süpke, von dem die Idee stammt, scheint das Aromastück sogar köcheln zu lassen. Das habe ich mich nicht getraut. Bei mir quoll es bei konstanten 60°C im Thermomix 2,5 h vor sich hin.
Als erstes Brot, das mit Aromastück ausgestattet werden sollte, wählte ich ein einfaches „Paderborner Landbrot“ – rechteckig, praktisch, gut und vor allem: Ich weiß, wie es ohne Aromastück schmeckt. So habe ich einen Vergleich!
Rezept: Das Ursprungsrezept ohne Aromastück stammt von Gerd (Ketex) und ihr findet es hier:
Für den Sauerteig
150 g Roggen 1150
150 g Wasser
30 g Anstellgut vom Roggensauerteig etwa 16 h bei Raumtemperatur stehen lassen.
Teig:
Den Sauerteig mit folgenden Zutaten etwa 7 min auf kleinster Stufe verkneten:
135 g Roggenmehl 115o
150 g Vollkornweizenmehl (ich habe Einkorn genommen)
160 g Weizenmehl 1050
355 g handwarmes Wasser
50 g kühlschrankkalter LM
75 g Aromastück (Raumtemperatur)
12 g Salz
10 g Frischhefe
Den Teig 30 min ruhen lassen, dann in die gefettete Kastenform geben (Achtung: Es sollte eine spezielle Brotbackform sein, die normalen Königskuchenformen sind nur für Temperaturen bis 230°C ausgewiesen) und mit nassem Spatel glatt streichen. In der Kastenform etwa 1 h aufgehen lassen, der Teig ist dann etwas unter dem Rand. Mit der Stiprolle oder der Stricknadel Löcher in die Oberfläche pieksen. Dabei versage ich immer noch: Die eigens angeschaffte Rolle zieht bei mir den Teig immer raus, statt Löcher reinzudrücken, also sieht mein Brot etwas igelig aus. Die Kastenform wird in den 250°C heißen Backofen eingeschoben. Nach 15 min wird die Hitze nach und nach reduziert, bis sie schließlich nur noch 180°C beträgt. Insgesamt sollte das Brot etwa 1 h im Backofen sein. Die letzten 10 min empfiehlt es sich, es aus der Kastenform zu entnehmen und es noch ohne Form weiterzubacken. Den Lackglanz auf der Kruste erhält man, indem man am Ende der Backzeit mit einem nassen „Bräunwisch“ (einer Art kleinem weichen Besen) über die Kruste fährt und noch ein wenig nachbacken lässt.
Auf einem Gitter abkühlen lassen.
Eigentlich schneidet man das Paderborner Landbrot erst am nächsten Tag an, dann sieht der Anschnitt auch schön aus! Aber mit Jugendlichen in der Küche, die aus der Muckibude kommen, sollte man sich mit dem Anschnittfoto etwas beeilen…
Zitat: „Oh, schmeckt besser als erwartet, Kastenbrot kann ich doch sonst nicht leiden!“
Siehste…
Fazit zum Backen mit Aromastück: Es schmeckt wunderbar, fügt sich ganz harmonisch ins Paderborner Landbrot und erinnert an Bayrisch Blockmalz Bonbons. Gibt es die eigentlich noch?
Toller Versuch, Cheriechen. Deine Begeisterung kann ich sehr gut nachvollziehen. Mit geht es genau so!
Ich habe mein Malz in kleine Portionen geteilt und eingefroren, denn es hält sich ja im Kühlschrank nur ca. 3 Tage (lt. Bäcker Süpke).
Aber jetzt füge ich es auch vielen Broten bei.
Grüße – Irene
Da werden wir noch mehr damit versuchen. Bin gespannt, …
Liebe Grüße
Cheriechen
Im wahrsten Sinne ein Glanzstück:)
Ich habe auch schon einen Vorrat im Tiefkühler. Wenn du jetzt Blut geleckt hast, versuch dich doch mal an der Meister Süpke Kruste, die schmeckt herrlich. Und dann hab ich noch eins mit Aromastück gebacken, das Dinkelflockenbrot mit Aromastück -http://www.der-sauerteig.com/phpBB2/viewtopic.php?t=5951 – Dafür müsstest du allerdings ein Extra-Aromastück kochen, aber das lohnt sich in jedem Fall. Im Rezept schreibt Marla, dass man das Aromastück noch eine halbe Stunde auf 85°C erhitzen sollte, um die Enzyaktivität „abzutöten“.
Liebe Grüße
Ulrike
Oh, gut dass du mich erinnerst, ich habe es sogar kurz aufkochen lassen! Das muss ich nachtragen im Rezept! Und Dinkelflocken habe ich gerade neu gekauft!!
Liebe Grüße
Cheriechen
Noch ein Tipp zur Stipprolle. Man sollte nicht den Ehrgeiz haben, da tiefe Löcher in die Teigdecke zu nageln. Einfach nur fix und ohne großen Druck drüberrollen und dabei die Teighaut leicht löchern. Das reicht schon.
Machst du sie nass?
In der Regel schon, aber ich habe die Stipprolle von Teeträume, da perlt das meiste doch wieder ab. Ich denke, das „Geheimnis“ ist schnell und leicht. Wenn nicht überall richtige Löcher entstehen, ist das auch kein Beinbruch, nur eben nicht bei einer größeren Fläche. Sonst reißt es nachher vielleicht genau da. Die richtige Gare ist wichtiger als eine durchgehend gelöcherte Oberfläche.
danke!
Schön die Einblicke in eine für mich fremde Welt, interessant auch, immer wieder was neues, das ich lese aber nicht anwende. Dieses Brot scheint mir etwas kuchenartig, „kurz“ sagen wir dazu.
So, dann hinke ja nur noch ich hinterher, so ganz ohne Aromastück 😉
Bin mir aber auch noch nicht schlüssig, wie ich die Temperatur konstant halten soll…
Das Brot schaut auf alle Fälle großartig aus – ich liebe Paderborner Landbrot. Habe ich auch schon nach diesem Rezept gebacken.
Im Brotbackforum haben die meisten wohl mit Wasserbad gearbeitet. Wenn man es einmal mit einer großen Portion durchzieht, hat man ja für längere Zeit einen Vorrat im Eisfach…
Klar gibt es Bayrisch Blockmalz noch, am Besten in der Apotheke nachfragen! Und mein Aroma-Stück-Brot war auch sehr gut, leider hab ich keinen Vorrat angelegt und komme auch grade nicht dazu. Vom fehlenden Platz im Eisschrank ganz zu schweigen. Dein Brot gefällt mir gut….
Das sagst du was! Ich habe neulich schon gedacht, wie praktisch es wäre einen Kühlschrank nur für Sauerteige u solche Dinge zu haben. Aber das geht nun wirklich zu weit ….
Ich bin bisher auch noch nicht dazugekommen das Aromastück auszuprobieren und mich schreckt auch das zwei Stunden auf 60 Grad kochen noch ziemlich ab…
Ich habe es auch lange vor mir her geschoben. Es braucht schon einen verregneten Sonntag. Dann hat man allerdings für längere Zeit vorgesorgt!
Mal wieder ein Glanzstück aus Deiner Küche 🙂 Muss mich jetzt wohl oder übel auch mal dran machen, das Aromastück zu kochen *grins* Hmmm hab ich Schrot da, muss mal gucken…. *zischundweg* Herzlichst Nadja
Lass mich wissen!!
Liebe Grüße
Cheriechen
Auf das meine Brot-Nachback-Liste immer länger und länger werde 😉 Das sieht bei dir mal wieder prachtvoll und gelungen aus.
Danke! Ja, ja die Nachbacklisten…
Schwierig, so viel Brote, so wenige Tage..
Das sieht doch prima aus, vielleicht noch 10 Minuten längere Gare, dann reißt es am oberen Rand nicht so ein. Ist aber nicht so leicht zu treffen, die korrekte Gare beim Paderborner 😉 Habe da auch selten genau den richtigen Moment getroffen.
Ich werde üben! Das Brot schmeckt wirklich allen so gut, dass es noch öfter an den Start geht…
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Meine ist nun im Ofen, das Aromastück,auf 60 grad im Wasserbad konstant zu halten war recht schwierig , aber es schmeckte nach 2 1/2 Stunden sehr süßlich und hatte eine Farbe wie Schokolade. Ist es richtig das der Teig recht flüssig ist und nicht mehr geknetet und gefaltet wird?
Liebe Grüße und danke für dies schöne Rezept
Christine
Ohje der Fehlerteufel….Meins ist nun im Ofen. Das Aromastück auf 60 Grad konstant zu halten ……