Für Emilio: Eine sizilianische Trinacria mit Hartweizenmehl und Lievito madre…

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Emilio liebt Brot und ich liebe Emilio. Er ist mein Patenkind und das ist wirklich gut so. Wir passen so prima zusammen. Wenn er mich besucht, stapft er schnurstracks durch die Diele in die Küche zum Brotkorb und fragt: „Sasi (so nennt er mich), hast du Sasi-Brot?“ Er liebt bisher alle Brotsorten und nimmt gerne auch ein Stückchen vom Vortag.. Einmal hat er versucht, den Brotkorb auf dem Kopf wegzutragen und mit nach Hause zu nehmen, aber da war seine Mama ein wenig kleinlich… An Weihnachten war er so glücklich mit dem Brotstern, den ich für seine Familie gebacken habe.

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Ich denke, so viel Loyalität zur Patentante muss belohnt werden. Mit einem Brot, das eigens für Emilio erfunden wird – von seiner Sasi.

Da Emilio sizilianische Wurzeln hat (die blonden Locken täuschen!), ist es ein Brot mit viel Hartweizenmehl – semola di grano duro – geworden. Hartweizen stammt wahrscheinlich vom Emmer ab, ist eine wärmeliebende Getreidesorte aus südlichen Ländern und Hauptanbaugebiet war Italien. Meine italienische Lebensmittelhandlung hat zu Weihnachten 5 kg- Säcke mit dem schönen gelblichen „Semola rimacinata di grano duro“ verkauft. Wieso heißt es „semola“ und nicht „farina“? Was ist der Unterschied zwischen Hartweizengrieß und Hartweizenmehl? Es ist in Italien nicht wie in Deutschland, wo Grieß (semola) eine gröbere Körnung meint. Semola steht einfach für Produkte, die vom Hartweizen kommen. „Semola rimacinata“ heißt „erneut gemahlen“ und so haben wir ein feinkörnigeres Mehl. Es braucht ein paar Tricks im Umgang mit Hartweizen beim Brotbacken, aber dazu später…

Emilio hatte so viel Freude an der weihnachtlichen Sternform. Außerdem hatte seine Schwester Louisa Taufe, da kam mir die Idee, das Symbol aus der sizilianischen Flagge als Brot zu formen. Die Trinacria fiel mir vor etwa einem Jahr auf der Speisekarte der Pizzaria auf. Sie ist so spannend, schon allein wegen der Ähren, mit denen sie geschmückt ist..

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Es heißt, die laufenden Beine seien ein uraltes Symbol für die Sonne und den Lebensweg.

Der Kopf in der Mitte stellte zuerst das Haupt der Medusa einer Gestalt mit Schlangenhaaren aus der griechischen Mythologie dar. In späteren Versionen wurde der Kopf der Ceres, der römischen Göttin des Ackerbaus, abgebildet. Die Weizenähren symbolisierten Fruchtbarkeit, die Flügel erinnerten an Hermes, den Götterboten. Die Trinacria mit dem Kopf in der Mitte ist noch heute typisches Symbol für Sizilien und überall auf der Insel zu sehen. Sie ziert nicht nur die Flagge, sondern wird als Schmuckstück aus Gold oder Silber, als Wandschmuck aus Ton oder Holz gefertigt. Im Netz sah ich sie auch sehr oft als Tatoo auf der Haut, jetzt gibt es sie also auch beim Boulancheriechen als Brot…

Ich habe bei meinen lieben Brotblogkollegen gestöbert – wo man so viel lernen kann – und bei Gerd, Björn und Christian tolle Anleitungen gefunden. An diese Rezepte habe ich mich angelehnt, für dieses Brot sollte aber unbedingt wieder meine Lievito madre, meine selbstgezüchtete italienische Mutterhefe, die tragende Rolle des Haupttriebmittels übernehmen.

Rezept:

Vorteig mit Lievito madre:

5o g Kichererbsenmehl (ich habe einfach Kichererbsen im Thermomix gemahlen), falls euch das Kichererbsenmehl fehlt, lasst es nur nicht daran scheitern, dann einfach 150 g Hartweizenmehl, oder Weizenmehl 550

100 g Semola rimacinata di grano duro (Hartweizenmehl)

150 g Wasser

150 g Lievito madre (am Vorabend aufgefrischt)

Diese Zutaten mit der Gabel glatt zusammenrühren. Den Backofen auf 30° C aufheizen, dann abschalten und nur noch die Backofenbeleuchtung anlassen. So hält der Backofen diese Temperatur relativ konstant. Mein LM ist zur Zeit wieder recht aktiv und so ist er schon in etwa 4 h voller Blasen und blubbert vor sich hin. Diese Zeitersparnis finde ich klasse, da kann ich doch öfter mal ein Brot relativ spontan backen, von dem ich am Vortag noch keine Idee hatte…

Mehlkochstück:

35 g Hartweizenmehl

175 g Wasser

in einem Topf unter beständigem Rühren erwärmen, bis das Mehl gut stockt, dann auf Raumtemperatur abkühlen lassen. Björn schreibt, das mache die Krume weicher und besser kaubar.

Hauptteig:
Vorteig

Mehlkochstück

765 g Semola rimacinata di grano duro (Hartweizenmehl)

100 g Weizenmehl 450 oder 550

10 g Olivenöl

miteinander etwa 1 min verkneten (soll nur gerade so glatt vermischt sein) und 45 min zur Autolyse stellen, also ruhen lassen. Das Hartweizenmehl neigt zur Überknetung. Bei der Autolyse quillt das Mehl auf, nimmt Wasser auf, ohne dass zu viel Gluten aufgeschlossen wird.

8 g Frischhefe und

100 g Lievito madre kühlschrankkalt

zugeben und wieder 3 -4 min verkneten, dann schließlich

22 g Salz zugeben und 2 – 3 min auf langsamster Stufe kneten. Den Teig in eine geölte Schüssel mit Deckel geben und 90 min bei warmer Zimmertemperatur oder in oben beschriebenem Backofen mit Beleuchtung gehen lassen. Dabei einmal nach 15 min und wieder nach 60 min den Teig mit nassen Händen strecken und falten.

Den Teig auf eine gut bemehlte Arbeitsfläche kippen und in 4 gleichgroße Teile abstechen. Diese Teile habe ich zu straffen Kugeln gewirkt und 15 min unter einem Tuch entspannen lassen. Dann wurde 3 Teile lang gewirkt, als würde man einen Batard formen – für die Beine der Trinacria. Vom 4. Teil nochmal etwa ein Drittel abstechen und beseite legen. Das verbleibende Teil habe ich versucht oval zu wirken, als Gesicht der Medusa. Aus dem Rest Teig habe ich die Flügelohren und die Ähren geformt. Die Ähren werden wie beim Pain epi eingeschnitten. Die Beine vom Lebensrad mit Wasser abreiben und mit Sesam bestreuen, den man leicht  andrückt. Als Augen habe ich 2 Mandeln genommen, für den Mund ein Stück Peperoni. Das alles vorsichtig auf einem Lochblech mit Backfolie arrangieren.

Etwa 30 min abgedeckte Stückgare. Dabei den Backofen auf 240°C Ober/Unterhitze vorheizen. In den heißen Backofen einschieben und ordentlich schwaden. Nach 15 min den Dampf ablassen und die Hitze auf 210° C reduzieren.

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Nicht jeden Tag mag man so eine aufwändige Form wirken, wahrscheinlich haben noch nicht einmal die sizilianischen Leserinnen und Leser dafür den Nerv. So sieht das Brot dann aus, wenn ihr einen ganz gewöhnlichen Laib daraus formt. Die Porung fand ich unerwartet luftig, sehr erfreulich.

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Das Brot schmeckt mild, ist innen wattig und außen knusprig. Es knistert herrlich, wenn es aus dem Backofen kommt und abkühlt. Es wird es sicher öfter geben bei uns.

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Meinem lieben Emilio wünsche ich einen guten sonnigen Lebensweg, bei dem das Lebensrad nie ins Stocken kommt. Die „Flügelohren“ des Götterboten sollen seinem Leben den nötigen Schwung verleihen. Die Fruchtbarkeit, da haben wir ja noch ein bisschen Zeit…, da essen wir erstmal noch viel Brot, bis es so weit ist!

 

 

 

17 Kommentare zu “Für Emilio: Eine sizilianische Trinacria mit Hartweizenmehl und Lievito madre…

  1. Zuerst mal wünsche ich dir ein gutes, gesundes und zufriedenen neues Jahr – mit weiterhin so tollen kreativen Ideen!!
    Hast du bemerkt, dass dein oberes Bein des Brot-Symbols nach der falschen Seite geht? Ich nehme allerdings nicht an, dass dies einen Einfluss auf die Wirkung hat 🙂
    Ich habe auch schon öfters mit Hartweizengrieß gebacken. Das Brot bekommt eine schöne gelbe Farbe.
    Die Idee mit dem Kichererbsenmehl ist mir neu. Was bewirkt es im Brot? Hat es eine Wirkung?
    LM ist auch in meinen Broten ein ständiger Begleiter.
    Liebe Grüße – Irene

    • Danke, auch dir viel Glück und alles Gute im neuen Jahr!
      Ich habe jetzt nochmal bei den Bildern nachgesehen. Es gibt Abbildungen, bei denen das Bein nach links abgeklappt ist, ebenso wie welche, wo es nach rechts klappt. Denke es ist ja ein Rad, das rund läuft!? Oder habe ich etwas falsch verstanden?
      Das Kichererbsenmehl fand ich in einem griechischen Brot. Ich konnte mir auch keinen 100%igen Reim darauf machen, dachte aber, dass es vielleicht den Geschmack beeinflusst, ähnlich wie bei dem Bohnenmehl, das man in manchen Baguettesrezepten findet.
      Ich habe es jetzt einmal mit und einmal ohne gebacken. Beide haben klasse geschmeckt. Leider war es nacheinander u ich konnte nicht gegeneinander verkosten..
      Liebe Grüße
      Cheriechen

      • jetzt bin ich doch neugierig geworden und habe mich bei Tante google informiert.
        Ja, die Beine stellen laufende Füße dar, und die müssen ja schon, damit das funktioniert in die gleiche Richtung gehen.
        Bei Wikipedia gehen sie dann aber alle nach links wie auf deinem Bild.
        Deinem Patenkind wird das vermutlich egal sein, dem schmeckt dein Brot so wie es ist 🙂

  2. Pingback: Frühlingsgrüne Tagliatelle mit gebratenem Fenchel und Tomatensugo … | boulancheriechen

  3. Leider ist meins nicht ganz so fluffig geworden, ich habe als
    ganzes gebacken, hätte es besser länger als 30 Minuten zur Stückgare stehen lassen sollen, aber der Geschmack war echt himmlisch

  4. Liebes Cheriechen, könntest du bitte noch die Flüssigkeitsmenge im Haupteig den Zutaten im Rezept hinzufügen, ich hatte 250 ml genommen, bin aber nicht sicher ob dues ausreichend war…lieben Gruss Christine

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