Herstellung von Lievito madre (=Italienische Mutterhefe)

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„Lievito madre“ – diesen Begriff las ich zuerst im Brotbackforum. Der Dank gilt Daniela, die sich vor einiger Zeit die Mühe gemacht hat, italienische Beschreibungen zu übersetzen. Danach hat ein ganzes Team privater Hobbyforscher wild experimentiert: Immer wieder stieß ich in Rezepten darauf – die User geben hier und da „einen Batzen LM kühlschrankkalt“ an ihren Teig und beschrieben einen Wahnsinss- Ofentrieb. Das wollte ich auch!! Also habe ich mir einen solchen „LM“ gezogen und bin seitdem begeistert! An fast jeden Hefeteig, Brotteig, Pizzateig etc. gebe ich grundsätzlich ein Stück kühlschrankkalten LM, der ungefähr 10 % der verwendeten Mehlmenge ausmacht. Das ist wie eine Versicherung! Quasi ein „Push-up“ für den Teig 😉 !Hefekuchen liebt LM, wie z.B. hier.. Grundsätzlich kann man die Hefemenge, die man dem Teig zugibt mit Hilfe des LM’s reduzieren. Das war das Problem der ersten Brote, die ich gebacken habe (500g Mehl, 1 Würfel Hefe!!) sie schmeckten nach Hefe und wurden bröckelig.

Manchmal führe ich den LM auch anstatt eines Sauerteiges, z.B. hier. Dann wird Mehl, Wasser und LM verrührt und bei Raumtemperatur stehen gelassen. Das geht sogar noch schneller als bei herkömmlichem Sauerteig.

Aber was ist „Lievito madre“ genau? Ich benutze ihn aus Überzeugung fast täglich, habe aber nach ausführlichen Recherchen noch nicht der Weisheit letzten Schluss gefunden, wen oder was ich da als „Haustier“ im Kühlschrank füttere!? Ich suche weiter nach Fakten und werde das – wenn ich schlauer bin – aktualisieren. Mein derzeitiger Wissensstand:

„Lievito madre“ wird im italienischen Wikipedia schlicht als „Sauerteig“ beschrieben. Konsistenz, Geruch und Geschmack sind aber ganz anders als beim Sauerteig. Lievito madre riecht mild nach Wein und nicht nach Essig. Backwaren, die damit zubereitet werden haben ebenso ein milderes, feines Aroma. Die Konsistenz meines LM ist etwa wie die von Rohmarzipan.

Bei Stefanie fand ich die Information, dass hier andere Hefen und Mikroorganismen vorherrschen, die durch Nektarhefen im Honig in Aktion kommen.

So entsteht eine Lievito madre:

Schritt 1:

200 g Weizenmehl 55o

100 g Wasser

1 El Olivenöl

1 El Honig

Alle Zutaten zu einer glatten Kugel verkneten, mit Öl abreiben, die Kugel mit einem Messerchen kreuzförmig einschneiden und in eine Schüssel geben, die mit Klarsichtfolie abgedeckt wird. Bei 22 – 25 Grad 48 h stehen lassen. Die Kugel sollte sich in ihrer Größe verdoppeln und leicht säuerlich riechen.

Schritt 2:

100 g von dem Teig von Schritt 1

100 g Mehl

45 g lauwarmes Wasser

Diese Zutaten wieder verkneten zu einer Kugel verkneten, alles wie oben und abermals für 48 h stehen lassen.

Schritt 3:

100 g von der Schritt 2 – Masse

100 g Mehl

45 g Wasser

Wieder eine glatte Kugel kneten, ölen, kreuzweise einschneiden und nun 5 Tage in den Kühlschrank stellen.

Diese Prozedur mit der 5 tägigen Ruhephase noch 3-mal wiederholen. D.h. (jetzt kommt die Ergänzung, die ich liebevollerweise noch zugesendet bekam von jemand, der die Lievito madre angesetzt hat):

am 6. Tag
100 g von der Masse entnehmen und wieder mit
100 g Mehl und
45 g Wasser verkneten, Kugel formen, ölen, einschneiden, 5 Tage in Kühlschrank.

am 11. Tag
100 g von der Masse entnehmen und wieder mit
100 g Mehl und
45 g Wasser verkneten, Kugel formen, ölen, einschneiden, 5 Tage in Kühlschrank.

…und zum letzten Mal:
am 16. Tag:
100 g von der Masse entnehmen und wieder mit
100 g Mehl und
45 g Wasser verkneten, Kugel formen, ölen, einschneiden, 5 Tage in Kühlschrank

Was tun mit den Resten? Man kann sie in Pizza- oder Brotteig mitbacken, darf aber noch keine große Triebkraft erwarten.

So, das ist der Anfang – von nun an habt ihr eine Lievito madre, die geduldig im Kühlschrank auf ihren Einsatz wartet!

Davon – wie schon gesagt – ein Stück (kalt aus dem Kühlschrank) an eure Brot- oder Hefeteige geben.

Vorsicht: Nicht aus Versehen den LM ganz aufbrauchen, dann müsst ihr wieder bei Schritt 1 anfangen.

Der bestehende LM wird immer wieder nach dem Prinzip aufgefrischt:

1 Teil LM, 1 Teil Mehl, die Hälfte Wasser (z.B. 100 g LM, 100 g Mehl, 50 g Wasser).

Sollte der LM mal etwas faul geworden sein, weil er z.B. während eines Urlaubes länger ungenutzt im Kühlschrank stand, gibt man noch eine winzige Messerspitze Honig dazu, dann wird er wieder munter.

Mein LM wohnt in einem ehemaligen 1 kg – Joghurteimerchen mit Deckel, das muss nicht gespült werden, ich hatte noch nie Schimmel oder ähnliches.

In meinen Brotrezepten, Pizzateigrezepten, aber auch bei Hefeteigen für süßes Gebäck werdet ihr immer wieder den LM finden, nun wisst ihr, was ich meine. Vielleicht habt ihr bald auch einen? Ich kann es nur empfehlen, ein wirklich pflegeleichtes Backhelferlein!

104 Kommentare zu “Herstellung von Lievito madre (=Italienische Mutterhefe)

  1. Hallo Boulancheriechen,
    ich lese schon einige Zeit Deinen Blog und habe mir nun eine LM angesetzt. Gestern habe ich die Fütterung nach den ersten 5 Kühlschranktagen gemacht, aber leider ist die Konsistenz sehr zäh und klebrig. Wie eingedickte süße Kondensmilch aus der Tube!
    Ist das normal und bekommt die LM irgendwann die luftige Konsistenz, die ich von diversen Bildern kenne oder mache ich etwas falsch? Übrigens: Gratulation zu diesem tollen Blog!
    Liebe Grüße
    Ingrid

    • Liebe Ingrid!
      Leider kann ich dir nur sagen, dass eine Konsistenz wie eingedickte Kondenzmilch nicht richtig ist. Warum das bei dir passiert ist, kann ich dir bedauerlicherweise nicht sagen, mein Wissen ist auch nur aus dem Internet u aus eigener Erfahrung. Ich hatte das noch nie, aber ein anderer Leser hat mir Ähnliches berichtet, er hat es nochmal probiert u beim 2. Versuch war der LM einwandfrei! Ich wünsche dir viel Erfolg..
      Herzliche Grüße
      Cheriechen

  2. Hej Boulancheriechen 🙂
    Oftmals sehe ich in eigentlich tollen Sauerteigrezepten, das hier dennoch Hefe zugegeben wird. Ich habe mir aber nun nicht so viel über Sauerteig beigebracht und diesen auch selbst gezogen, um nun doch wieder (wenn auch nur teils) mit gekaufter Hefe weiter zu machen. Daher nun also meine Frage…kann man so in Rezepten die Frischhefe auch ganz durch LM ersetzen? Und wenn ja…wieviel LM bräuchte ich dann etwa für ein gramm Frischhefe oder ein gramm Trockenhefe? Gibt es da eine vllt bewährte Faustregel?
    Schönen abend noch 🙂

  3. Pingback: Für Emilio: Eine sizilianische Trinacria mit Hartweizenmehl und Lievito madre… | boulancheriechen

  4. Hallo Boulancheriechen,

    ich habe heute mit meinem LM begonnen. Mal sehen wie gut es klappen wird. Ich habe eine Frage bezüglich des Auffrischens. Wenn ich den LM länger nicht brauche, frische ich ihn dann ähnlich wie meinen Sauerteig auch alle 1-2 Wochen auf, damit er nicht verhungert? Und wenn ich ihn auffrische, lasse ich ihn dann wieder erst 48h im Warmen (ähnliches Prinzip wie Sauerteig) oder gebe ich einfach Wasser und Mehl dazu und stelle ihn einfach wieder in den Kühlschrank?

    Vielen Dank für deine Hilfe:-)
    Liebe Grüße,
    Jessica

    • Liebe Jessica! Genau so mache ich es, lass ihn draussen, bis sich deutlich beginnt, etwas zu regen, dann kommt er wieder in den Kühlschrank. Eigentlich ist er aber immer „Betrieb“…

      Liebe Grüsse
      Cheriechen

  5. HalliHallo
    und vielen Dank für die tolle Anleitung. Eine Frage dazu habe ich noch: Also nach Schritt 2 (das zweite mal an der Wärme ruhen lassen) verdoppelte sich das Volumen des LM sehr rasch). Danach Schritt 3 (ruhen im Kühlschrank), ist es dabei normal, dass das Volumen des LM wirklich nur sehr geringfügig zunimmt?

    Beste Grüsse

    Adi

  6. Hallo Boulancheriechen 🙂
    Ich habe letzten Freitag Pizza mit deinem Pizzateigrezept gemacht. Was soll ich sagen. Die Pizza war einfach nur total lecker! Ich hatte von den Schritten 3 und 4 Reste vom LM und habe damit und mit ein bisschen Hefe den Pizzateig gemacht. Hammer wie der Teig aufgegangen ist. Ich hatte zuerst eine etwas zu kleine Schüssel verwendet, weil der Teig im Kühlschrank bereits oben wieder rausgeguckt hat (ich hatte fast die doppelte Menge des Rezepts gemacht). So habe ich ihn nachts noch in eine größere Schüssel umgebettet. Der Teig war auch gebacken noch so luftig und knusprig und auch geschmacklich wirklich lecker. Ein Teil des Teiges wartet jetzt eingefroren auf seinen nächsten Einsatz.
    Als Pizzasauce habe ich im Internet ein leckeres Rezept zum Kochen gefunden (auf der Seite vom Pizzasteinversand).

    Liebe Grüße,
    Jessica

  7. Hallo Boulancheriechen,
    ich möchte sehr gerne heute mit diesem Ansatz beginnen, Deine Anleitung finde ich wirklich gut. DANKE für deine Mühe.
    Nur eins ist mir noch immer unklar:

    …. wenn ich es so mache wird er doch zwangsweise immer weniger; was muss ich zu dem Zeitpunkt tun, wenn ich Teig zum Backen verwende?
    Hilfesuchende Grüße
    Jacqueline

      • Dann habe ich es wirklich nicht verstanden, nach dem 16. Tag bin ich doch -so dachte ich- fertig und von da an kann ich einen Teil dieses Teiges direkt aus dem Kühlschrank zum Brotteig geben.
        Also wann füttere ich den Ansatz nach dem 16. Tag? Sorry, das ich so penetrant nachfrage.
        LG Jacqueline

      • Kein Problem! 😊du fütterst immer dann, wenn du am nächsten Tag LM brauchst (oder am übernächsten), spätestens aber nach etwa 2 Wochen, falls du den LM mal nicht benutzt. Wie beim Sauerteig….

      • Ahhhh, ich füttere, stelle dass gesättigte LIEVITO wieder in den Kühlschrank und entnehme mir ein Stückchen für mein Brotteig direkt aus dem Kühlschrank erst am nächsten Tag. O.K. so hatte ich es vorher wirklich nicht verstanden. Danke für die Hilfe

        LG Jacqueline

      • Ergänzung:
        …. denn du hast geschrieben:
        „So, das ist der Anfang-von nun an habt ihr eine Lievito madre, die geduldig im Kühlschrank auf ihren Einsatz wartet!“

        ….. aber genau hier ist mir halt unklar, wie ich den Teig pflege, sodass er sich nicht aufbraucht. 😔
        LG Jacqueline

      • Das ist die Erst-Aufzucht der LM.
        Das ist dann deine Mutterhefe, die im Kühlschrank wartet. Weiter geht es dann immer mit z.B. 100g dieser Kühlschrank-LM, 100g Mehl, 50g Wasser: verkneten, etwas in der warmen Küche stehen lassen, wieder in den Kühlschrank – am nächsten Tag höchste Triebkraft…
        Eine neverending story, wenn du magst…

  8. Hallo Boulancheriechen,
    ich möchte sehr gerne heute mit diesem Ansatz beginnen, Deine Anleitung finde ich wirklich gut. DANKE für deine Mühe.
    Nur eins ist mir noch immer unklar:
    Davon – wie schon gesagt – ein Stück (kalt aus dem Kühlschrank) an eure Brot- oder Hefeteige geben.
    Vorsicht: Nicht aus Versehen den LM ganz aufbrauchen, dann müsst ihr wieder bei Schritt 1 anfangen.
    …. wenn ich es so mache wird er doch zwangsweise immer weniger; was muss ich zu dem Zeitpunkt tun, wenn ich Teig zum Backen verwende?
    Hilfesuchende Grüße
    Jacqueline

  9. Pingback: Für Genießer und Faulenzer: Die schnellsten Sonnenblumenbrötchen mit Lievito madre … | boulancheriechen

  10. Hallo Boulancheriechen
    Danke für den tollen Beitrag! Habe eine wichtige Frage. Bin jetzt bei Schritt 2, d.h. ich habe gestern Abend den Teig zum ersten Mal gefüttert und sollte nochmals 48h warten. Der Teig hat sich über Nacht aber schon verdoppelt, muss ich ihn trotzdem noch stehen lassen? Liebe Grüsse aus Zürich Perl 🙂

    • Hallo Perl!
      Ich habe ja bisher erst einmal im Leben diesen Ansatz hergestellt, und das nach oben beschriebener Anleitung…
      Wenn sich deine Lievito so prächtig verdoppelt hat, würde ich vermuten, dass du abkürzen kannst, notfalls musst du bei der nächsten Eunde länger warten, das Phänomen „Geduld“ ist für mich auch ein relativ fremdes Wort 😉
      Garantieren kann ich aber nicht…

      Viel Erfolg
      Cheriechen

  11. Hallo boulancheriechen, vielleicht kannst du mir helfen. Ich hänge nun schon 3 mal LM angesetzt aber in jedes mal weggeschmissen. Nach den ersten 24 Stunden fängt er an kleine schwarze Punkte zu bekommen. Schaut dann fast so aus wie Vollkornmehl. Aber nur oben. Nach 48 Stunden sind es dann noch mehr und der Teig fängt in dem Kreuz zu schimmeln an. Man erkennt dann so einen Hauch von weißem „Pelz“. Ich hab bereits alle Zutaten ausgetauscht aber es war wieder das gleiche. Das passt nur am der Oberfläche unten am Boden ist er ganz hell. Hast du eine Idee woran es liegt? Bin ratlos.

    Liebe Grüße Lena

    • Liebe Lena, das tut mir sehr leid u leider kann ich dir nicht weiterhelfen. Bei mir hat es gut funktioniert u ich bekam auch vielfach diese Rückmeldung. Du hast dich ja sicher an die Anleitung gehalten!? Das ist natürlich ärgerlich…
      Es braucht auch keine besonderen Zutaten. Hast du vielleicht besonders viel Schimmelsporen in der Küche, evtl durch feuchtes Mauerwerk? Aber – wie gesagt – ich bin leider ebenso ratlos 😦
      Liebe Grüsse
      Cheriechen

  12. Hallo, ich habe nach deinem Rezept den LM angesetzt. Bin bisher total begeistert. Nun ist der „Teig“ seit Montag in der ersten Kühlung und scheint nicht so recht zu wollen. Obenauf trocknet er langsam und unten am Boden (durchsichtiger Behälter) sind kaum Bläschen zu erkennen. Auch in der Höhe ist kaum Zuwachs zu verzeichnen, der Teig ist nur breit gelaufen. Habe ich etwas falsch gemacht oder bin ich zu ungeduldig?

    Danke noch einmal für das tolle Rezept

      • Der Behälter den ich genommen habe ist fest verschlossen. Der LM ist an der Unterseite feucht an der Oberseite aber leicht angetrocknet. Olivenöl habe ich genommen habe allerdings zwei Ansätze gemacht und heute schon mal einen einen Tag zu früh gefüttert und lasse ihn jetzt ein paar Stunden außerhalb des Kühlschrankes stehen. Werde mal sehen was sich daraus ergibt. Danke für deine schnelle Antwort

  13. Pingback: Lievito Madre | cahama

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